Kurz vor 9 Uhr stehen wir am Bahnhof in Mitterbach am Erlaufsee. Ausgerüstet mit Kraxe und Rucksack, jeder ein Kind an der Hand. Ungeduldig warten wir auf die Mariazellerbahn, die jeden Moment im Bahnhof einfahren soll. Nur eine Station werden wir heute mit der berühmten Bahn fahren, an der Erlaufklause steigen wir schon wieder aus.
Ein wenig blutet mir ja das Herz, dass wir uns gegen die Wanderung durch die Ötschergräben entschieden haben. Die Vernunft sagt mir aber, dass die Wandermotivation meiner Tochter keine 8 Kilometer durchhält, außerdem sind für die frühe Nachmittagszeit Gewitter angesagt. Daher haben wir heute eine kleinere Wanderung am Eingang des Naturpark Ötscher Tormäuer geplant: die 5km lange Wanderung am Erlaufstausee, von der Erlaufklause bis Mitterbach am Erlaufsee.
Wandern am Südufer des Erlaufstausees: Welche Richtung darf es sein?
Da die Wanderung von einem Bahnhof zum nächsten führt ist der Ausgangspunkt der Tour eigentlich egal. Üblich, so zumindest die Beschreibung auf Bergfex, dürfte der Start in Mitterbach sein. Rückblickend hat diese Richtung auf was für sich, denn der Moment, wenn der Ötscher nach einer langgestreckten Kurve ins Blickfeld rückt, hat sicher etwas Magisches. Auch das nicht so schöne Stück durch den Ort Mitterbach vom Bahnhof zur Erlaufschänke wäre dann gleich am Anfang geschafft. Dennoch starten wir genau umgekehrt. Weil unser Quartier eben am Erlaufsee liegt und wir lieber den Zug für die Hinfahrt als Heimfahrt nehmen (stressfreier). Ein weiterer Vorteil: die gemütliche Erlaufschänke liegt somit am Ende der Wanderung und dient uns als perfekter Ort zur Stärkung.
Von der Erlaufklause zum Südufer des Erlaufstausees
Nach wenigen Minuten verlassen wir schon wieder die Mariazellerbahn. Überqueren den Bahnübergang und folgen der Straße bergab durch den schattigen Wald. Schon bald entdecken wir zwischen den hohen Bäumen das glitzernde Wasser des Stausees, wenige Schritte später spähen wir auf die beeindruckende Staumauer. Besonders eindrucksvoll ist diese übrigens, als wir sie überqueren. Ganz vorsichtig schauen wir zu beiden Seiten hinunter, einmal auf den See, das zweite Mal in einen tiefen Graben.
Der Anblick des Erlaufstausees schafft es auf Anhieb uns zu begeistern. Der See liegt ruhig vor uns. Sein Ufer ist an allen Seiten mit hohen Nadelbäumen begrenzt, das Wasser erstreckt sich in nicht absehbarer Länge in Richtung Westen. WOW, denke ich, und vergesse das erste Mal, die Wunsch-Wanderung durch die Ötschergräben.
Nachdem wir bei der erstbesten Gelegenheit (direkt beim Parkplatz nach der Staumauer) näher zum See und Ufer klettern (und nur so über das grün, türkisee Wasser staunen), machen wir uns auf den Weg zum Südufer. Das erste Stück hat es etwas in sich, der breite Forstweg verläuft größtenteils in der (schon heißen) Sonne, die baufällige Brücke können wir nur bewundern und nicht überqueren. Doch schon bald erreichen wir schattigere Wege, entdecken einen kleinen Bach (der den See wohl speist) und das andere Ufer.
Ötscherblicke, stille Buchten und der Zauber des Anderen: Wandern beim Erlaufstausee
Einmal drüben geht das Wandern plötzlich fast wie von selbst. Vielleicht ist es das besonderes Spiel, das mir als Beschäftigung für meine größere Tochter einfällt (und sie nun endlich ordentlich wandern lässt), vielleicht die beeindruckende Landschaft, durch die wir uns bewegen. Oder es ist der wirklich großartige Anblick von der (vorhin gesichteten) Brücke, der uns absolut begeistert. Ein paar Minuten stehen wir hier, schauen auf den mächtigen Ötscher, vor dem fast unscheinbar der tiefgrüne Erlaufstausee liegt.
Wir wandern auf der Forststraße noch ein Stück nach oben, passieren mächtige Felsen und genießen immer wieder die Blicke zurück auf diesen einmaligen Berg. Bei diversen Aussichtsbänken und Pausenplätzen bleiben wir stehen und genießen die Aussicht, wandern (endlich) durch den schattigen Wald, kühlen unsere erhitzten Köpfe mit eiskaltem Wasser beim Brunnen und irgendwann entdecken wir einen kleinen Weg hinab zum Seeufer; und da sich der Hunger schon recht bemerkbar macht, schlage ich vor, einfach abzubiegen.
Schönster Pausenplatz in einer einsamen Bucht am Erlaufstausee
Die kleine Schotterbucht ist wohl der beste Pausenplatz, den wir uns wünschen könnten. Einsam ist es, still und wunderschön. Außer uns ist hier niemand (grundsätzlich begeben uns trotz Feiertag nicht viele Menschen auf dem Wanderweg), nur ein paar Fische im See leisten uns Gesellschaft. Wir setzten uns auf den kühlen Boden, jausnen, schauen aufs Wasser und genießen die Ruhe. Der Erlaufstausee mit seinem bewaldeten Ufer, den verzweigten Buchten und fjordartigem Aussehen gibt uns das Gefühl ganz wo anders zu sein. Schweden vielleicht, oder Finnland, weit weg jedenfalls. Fröhlich lassen die Mädels Steine über die Wasseroberfläche springen, während wir ein wenig diese kleine Auszeit genießen.
Zur Erlaufschänke und wieder retour
In Anbetracht der Wettervorhersage und aufziehenden Wolken brechen wir aber bald wieder auf. Ein Stück Weg liegt noch vor uns und den legen wir relativ rasch zurück. Wir wandern weiter durch den Wald, erkunden die nächste Brücke (diese führt tatsächlich zum anderen Ufer), bewundern die Blumenwiesen, die am Ende auftauchen und erreichen pünktlich bei den ersten Regentropfen die Erlaufschänke. Glück muss man haben. Während mein Mann schnell zum Bahnhof geht und das Auto holt (unser Held), gibt’s für uns Kaffee und Getränke inklusive Ötscherblick dank großzügiger Verglasung; und nachdem das Gewitter ausbleibt, können wir alle gemeinsam noch den wirklich schönen Blick auf die Ausfläufer des Erlaufstausees vor dem Ötscher genießen.
Mein Fazit zur Wanderung um den Erlaufstausee
Eine wirklich schöne, offenbar noch nicht groß entdecke Tour, die durch dessen Einsamkeit und Seeblicke punktet. Vor allem die Möglichkeit auch direkt ans Ufer zu kommen finde ich großartig, die Hängebrücke am Ende gibt auch optisch einiges her.
Weitere Tipps von freets
Einen Plan der Runde gibt’s auf Bergfex
Parkplätze sind bei der Erlaufschänke ausreichend vorhanden.
Die Anreise kann per Bahn (Mariazellerbahn) erfolgen. Mögliche Stationen: Mitterbach am Erlaufsee oder die Erlaufschänke. Der Weg führt jeweils zum Bahnhof zurück.
Geländegängige Kinderwägen sind möglich.
Hunde sind auch in der Mariazellerbahn erlaubt.
Achtung Bedarfshaltestelle! Unbedingt vorher am Knopf drücken, sonst hält der Zug nicht.
Wer noch weiter wandern will, erreicht von der Erlaufschänke aus nach ein wenig wandern die Wege nach Wienerbruck und den Ötschergräben
Einkehr bei der Erlaufschänke möglich (mit großartigem Blick von der Terrasse)
Autorin Claudia Schlager
Reise-, Ausflugs- und Fotoenthusiast, Storyteller, 2fache Mädchenmama, Kunsthistorikerin, Genussmensch und Naturliebhaberin aus dem südlichen Niederösterreich. Mit freets verbinde ich seit 2015 einen Großteil meiner Leidenschaften und gebe regelmäßig Einblick in meine kleinen und großen Entdeckungen.
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