Am Anfang war nichts. Architektonisch gesehen. Da waren nur sanfte Hügel, sattes Grün und ein Weg nach Mariazell, die „via sacra“. Dann kam das Wunder und das, war dann schon doch was. Nicht nur der Nutzen des Wunders selbst, sondern, wie das eben so ist bei Orten, an denen Wunder passieren, der Grundstein für eine Wallfahrtskirche. In diesem Fall für die Wallfahrtskirche Hafnerberg.
Aber beginnen wir von Anfang an. Anfang also das Wunder. Das ereilte die Frau des Bürgers Pankratz Reichards, der 1683 als Dank für dieses Wunder einen Bildstock stiftete. Also eine einfache Steinsäule, die er an Ort und Stelle errichten ließ. Und da diese Stelle nun wirklich günstig, eben auf dem Weg nach Mariazell, gelegen war, fand sie auch Beachtung. Wurde gesehen, wurde passiert und ja, auch den Passanten passierten Wunder. Es wurde also im Laufe der Zeit zu einem kleinen Wallfahrtsort an einem Wallfahrtsweg und zog dementsprechend Pilger an.
Vom Bildstock zur Wallfahrtskirche
Schon 1716 wurde der Ort architektonisch zu einer Kapelle vergrößert. Ohne den ursprünglichen wundertätigen Bildstock zu zerstören. Der hat sich bis heute, in der Kirche hinter dem Hochaltar, erhalten. Trotz oder eigentlich wegen des neuem architektonischen Rahmen riss der Zustrom nicht ab, sodass auf Initiative des Klosters Kleinmariazell eine Wallfahrtskirche geplant wurde. Immerhin man brauchte immer mehr Platz, um alle Besucher unterzubringen, für Gebete oder Messen. Und natürlich wollte man auch dem wundertätigen Ort einen angemessenen Rahmen geben, der etwas über die einfache Steinsäule und die spätere kleine Kapelle hinausging.
So wurde der Auftrag an den Wiener Architekten Daniel Dietrich vergeben. Ein heute nicht allzu bekannter Architekt, der es damals wohl auch nicht war. Gut, er war Hofarchitekt, also sicher begabt und man tut ihm da vielleicht etwas unrecht. Aber zumindest ist die Wallfahrtskirche in Hafnerberg sein einzig gesichertes Werk, was natürlich die Kirche nochmals besonders macht. Das einzige Zeugnis des kreativen Schaffens des Herrn Dietrichs. Zuvor arbeitete er gemeinsam mit anderen Architekten an Wiener Bauten, vollendete beispielsweise die Wiener Universität (allerdings nach Plänen Jadots und nicht den eigenen) und lieferte dann eigene Pläne für die Umgestaltung des Churhauses am Stephansplatz. Die dann abgelehnt wurden. Will man also den eigenen, unverfälschten Stil Daniel Dietrichs finden, dann geht – oder wenn man möchte – pilgert man, nach Hafnerberg.
1729 wurde also der Grundstein vom Abt von Heiligenkreuz gelegt. Die Gelder für den Kirchenbau stammten zu größten Teilen aus den Geldern des Opferstockes. Aber bereits vier Jahre später war davon nichts mehr übrig. Angeblich war die Kirche zu groß geplant, das Projekt drohte zu scheitern. Wären da nicht immer wieder die Gläubigen, die einspringen. Die ja schon das Geld für die ersten Jahre beigesteuert hatten. Durch eine Stiftung Adam Petras und seiner Nichte war der Geldfluss wieder gesichert, die Kirche konnte weiter gebaut und 1740 mit der Eindeckung der Türme zumindest den Außenbau betreffend fertig gestellt werden. Die Familie Petras konnte sich somit ewigem Gedenken in Sachen Hafnerberg sicher sein.
Die Wallfahrtskirche Hafnerberg
Was einem hier, in Hafnerberg erwartet, ist eine große, barocke Wallfahrtskirche, angelehnt, zumindest was den Grundriss betrifft, an Wiener Kirchen, wie die Servitenkirche oder die Peterskirche am Graben, die nur wenige Jahre vorher entstanden. Ähnlich, da alle diese drei Kirchen über einen ovalen Grundriss errichtet wurden. Ein Zentralraum sozusagen, an dem noch andere Raumteile angegliedert wurden, wobei sich bei dem Werk Dietrichs das Oval am ehesten einen Kreis und somit tatsächlich einem Zentralraum nähert. Ein klassischer barocker Grundriss also, ganz dem Zeitstil entsprechend. Dieser ovale Grundriss ist auch am Außenbau zu sehen, ganz klar schwingt hier das Oval nach außen hinaus.
Im Osten sind dem Raum zwei Türme vorgelagert, die fast etwas gedrungen wirken. Trotz Zwiebelhelme wirken sie schlicht und wenig pompös, eigentlich wie der gesamte Außenbau. Da gibt es nicht viel plastischen Schmuck, der sich in den Vordergrund drängt. Der ganze Außenbau ist über einen hohen Sockel gelb verputzt und mit flachen weißen Lisenen gegliedert. Selbst das Eingangsportal ist schlicht, nur mit einem Dreiecksgiebel bekrönt, ansonsten ein klassischer rechteckiger Eingang. Gut, mit Säulen umstellt, mit Verdachung und vorgeblendeten Schlussstein. Aber man muss ja auch schließlich wissen, dass es sich hier um den Eingang handelt; und vom Barock kennt man schließlich auch ganz Anderes, viel Aufwändigeres.
Besichtigen kannst du die Wallfahrtskirche Hafnerberg eigentlich immer. Ganz besonders ist es hier aber im Winter. Denn ein Wunder, das gab es nicht nur damals, das Wunder von Hafnerberg gibt es noch heute. Ein wenig anders, weniger Wunderheilung, mehr Naturschauspiel. Dafür jährlich, passenderweise um die Weihnachtszeit. Ab der Wintersonnenwende (21. Dezember) beginnt das mystische Lichtschauspiel, das am 25. Dezember seinen Höhepunkt erreicht. Dann taucht die aufgehende Sonne um rund 09:00 den Altarraum in goldenes Licht. Wandert vom Erzengel Michael hin zur Jungfrau Maria, dem Tabernakel und taucht abschließend das Auge Gottes in strahlendes Licht.
Wenn das nicht eine sehenswerte Inszenierung ist? Barocke Künstler wussten offenbar, was sie taten!
Das rät dir freets für deinen Besuch der Wallfahrtskirche Hafnerberg
Du kannst die Kirche auch bei einer Führung besichtigen. Einfach die unten stehende Telefonnummer anrufen und anfragen.
Ein Besuch empfiehlt sich natürlich – Lichtwunder sei dank – zwischen dem 21.-25.12 um 09:00. Aber auch sonst ist die Kirche sehenswert.
Autorin Claudia Schlager
Reise-, Ausflugs- und Fotoenthusiast, Storyteller, 2fache Mädchenmama, Kunsthistorikerin, Genussmensch und Naturliebhaberin aus dem südlichen Niederösterreich. Mit freets verbinde ich seit 2015 einen Großteil meiner Leidenschaften und gebe regelmäßig Einblick in meine kleinen und großen Entdeckungen.
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