Das Wien Museum am Karlsplatz gehörte schon immer zu meinen Lieblingsmuseen. Während meiner Studienzeit bin ich immer wieder durch die Ausstellungsräume flaniert und habe mich von den vielen Originalen der Wiener Geschichte begeistern lassen. Dementsprechend groß war meine Neugierde auf das im Dezember 2023 neu eröffnete Wien Museum am Karlsplatz.
Erste Faszination bei mir gibt‘s als ich mich dem Neubau am Karlsplatz nähere. Der moderne Bau fügt sich (für mich) stimmig in die historische Umgebung des Karlsplatzes ein. Bildet ein schickes, neues Pendant zur eindrucksvollen historischen Karlskirche, dessen Kuppel sich in der Glasscheibe der Eingangstür wieder spiegelt. Der Blick schweift weiter über die dunklen Glasflächen, der Fassade, dem Schriftzug, weiter zur Aussichtsterrasse, auf der ich eineinhalb Stunden später umgekehrt wieder auf die Umgebung blicken werden.
Von der Frühzeit bis zur Gegenwart: „Wien. Meine Geschichte“ und die Dauerausstellung im Wien Museum Karlsplatz
Nachdem ich meine sieben Sachen im Schließfach verstaut habe, beginne ich meinen Rundgang durch Wiens Geschichte. Angefangen bei der Frühzeit, der römischen Stadt bis hin zur mittelalterlichen. Hier bleibe ich naturgemäß länger (dezenter Interessensschwerpunkt, dem Mittelalter wird aber auch einiges an Raum gegeben). Das Stadtmodell und die anschließenden Ausstellungsobjekte ziehen sofort alle Blicke auf sich. Die bunten Glasscheiben, die Stifterfiguren, die früher die Fassade des Stephansdoms zierten, der meterhohe mittelalterliche Planriss des Südturms (ebenfalls Stephansdom) und so viel mehr geben einen kleinen Einblick in das damalige Leben, vermitteln eine eigene Stimmung, die mich sofort gefangen nimmt.
Bedächtig schlendere ich zwischen den Objekten hin und her, bleibe mal länger stehen und informiere mich genauer über das Studentenleben des Mittelalters. Mittels einer Art „Street View“ sehe ich mich im Inneren des Stephansdoms um (absolut cool) und versuche bei der interaktiven Station zu hören, was die Menschen damals am Brunnen, in der Kirche gehört, oder auf den Straßen gerochen haben.
Ein Museum für Geschichts- und Alltagshelden
Langsam lasse ich die Zeit hinter mir, tauche in eine neue, aufgeklärtere Zeit, entdecke rare Renaissance-Reste des ehemaligen Rathauses und lande schließlich mitten in der „Türkenbelagerung“. Was ich hier zu sehen bekomme, fasziniert mich ebenfalls. Bildausschnitte, die mittels ein paar Sätzen analysiert und in den richtigen Kontext gesetzt werden, rosa Post-Its, die Anmerkungen zur klassischen Geschichtsschreibung geben. Wie war das Leben damals, während dieser Zeit? Für beide Seiten? Welche Einzelschicksale sind bekannt, wie ging es den einfachen Menschen und wie kam der Kaffee nun tatsächlich nach Wien? Die Fragen, die gestellt werden zeigen eine neue Art von Geschichtsvermittlung. Eine abseits der klassischen Schulbücher, abseits von schwarz und weiß, die versucht bisher vernachlässige Themen und Menschen ebenfalls in den Fokus zu nehmen.
Ein Zugang, der mich begeistert und den ich auch später, während der großen Ringstraßen-Ära und in anderen Zeitschnitten wiederfinden werde.
Aufsehenerregende Objekte und ungehörte Geschichten
Nach diesem Auftakt im ersten Geschoss erreichen wir den Mittelteil, der schon von unten immer wieder die Blicke auf sich zog. Was ist das für ein Riesenwalfisch, der hier von der Decke hängt und was gibt es hier noch zu sehen? All die Fragen werden einen Stock höher beantwortet und kurz darauf begebe ich mich in die Zeit des Barocks. Schritt für Schritt durchlaufe ich auf diese Weise die Geschichte Wiens und gleichzeitig die Dauerausstellung des Wien Museums Karlsplatz. Die ehemalige Wohnung Grillparzers, das Kaminzimmer Adolf Loos‘, die Zeit des Biedermeiers, die Schicksale der Textilarbeiter:innen, das schwierige Thema mit Wiens Bürgermeister Dr. Karl Lueger bis zum Bau der Ringstraße und noch weiter.
Auch wenn ich zwei Stunden für meinen Besuch eingeplant habe, schaffe ich es nicht, alles zu sehen. Die letzte Ebene durchlaufe ich eher rasch, denn ein Blick von der Aussichtsterrasse auf die Karlskirche im Abendlicht muss auch noch sein (versteht sich).
Mein Fazit zum Wien Museum Karlsplatz
Ich war beeindruckt. Wie gesagt, das Wien Museum gehörte schon immer zu meinen Favoriten (ich mag‘ Museen zur Stadtgeschichte grundsätzlich sehr gerne), das neue Museum gefällt mir aber trotzdem noch um besser. Warum? Die viele vertiefende Information, die kritische Auseinandersetzung mit Geschichtsvermittlung, die interaktiven Stationen für kleinere Besucher und die wirklich gelungene Architektur als Rahmen – es ist einfach toll geworden.
Weitere Tipps für deinen Besuch
Die Anreise geht perfekt öffentlich (U1, U4 oder Ring-Straßenbahnen) – Ausgang Resselpark.
Die Dauerausstellung des Museums ist für alle Besucher:innen und jederzeit kostenlos zugänglich.
Viel Zeit einplanen. Man könnte Stunden, oder eher Tage hier verbringen. Die weiterführende Informationen an den Medienstationen sind extrem dicht und vielfältig, aber auch ohne intensiver Auseinandersetzung würde ich jedenfalls mindestens zwei Stunden einplanen.
Auch die Dependancen des Wien Museums sind sehr empfehlenswert (allerdings nicht gratis) genauso die Veranstaltungen, die hier immer wieder stattfinden.
Autorin Claudia Schlager
Reise-, Ausflugs- und Fotoenthusiast, Storyteller, 2fache Mädchenmama, Kunsthistorikerin, Genussmensch und Naturliebhaberin aus dem südlichen Niederösterreich. Mit freets verbinde ich seit 2015 einen Großteil meiner Leidenschaften und gebe regelmäßig Einblick in meine kleinen und großen Entdeckungen.
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