Als Bewohner des südlichen Niederösterreichs hab’ ich mich zugegeben schon gefragt, was das eigentlich sein soll: in die Grean gehen. Dementsprechend war ich gespannt, als ich letztes Wochenende ins Taxi stieg und mich auf den Weg von Wien nach Wolkersdorf im Weinviertel machte. Zum in die Grean Gehen, zum Erleben eines Weinviertler Brauchs, wie mir schon vorab verraten wurde. Und natürlich zum Entschlüsseln des Rätsels, was denn damit nun tatsächlich gemeint ist!
In die Grean gehen: vom Frühling, Wein und Tradition
- ein erfahrener Winzer
- eine charmante Kellergasse
- idyllisch gelegene Weinberge
- eine Heurigenjause
- viel und köstlicher Wein aus dem Weinviertel
Allesamt unverzichtbare Bestandteile vom in die Grean Gehen, damals wie auch heute; und da wird dir schon klar, warum in die Grean gehen dann doch nicht überall funktioniert. Weil es ja Weinberge und erfahrene Winzer nicht überall gibt. Da könnten wir beispielsweise im Schneebergland oder im Mostviertel lange suchen. Ganz zu schweigen von dem köstlichen Wein aus dem Weinviertel. Einen anderen, viel gewichtigeren, Grund hat die Verortung im Weinviertel auch noch: das in die Grean Gehen ist ein traditioneller Brauch aus dem Weinviertel. Früher unternahmen die Winzer mit ihren Erntehelfern (Hauern) am Ostermontag einen Spaziergang ins Grüne, sprich im Weinviertel: in ihre Weinberge. In der dazugehörigen Kellergasse wurde der Wein verkostet, für die Ernte gedankt und neue Motivation fürs kommende Arbeitsjahr getankt.
Wenn Touristen in die Grean gehen
Im Weinviertel wurde der Brauch zu einem touristischen Angebot entwickelt. Damit nicht nur Lesehelfer „in die Grean“ gehen dürfen, sondern auch du. Raus „musst“ du übrigens nicht unbedingt am Ostermontag. Denn auch da wurde ein wenig abgewandelt: Von Ostern bis Pfingsten, jeweils am Wochenende und in unterschiedlichen Weinviertler Weinbauorten werden die Packages „in die Grean“ von Weinviertel Tourismus angeboten. Damit du auch mehr Zeit hast und alle Osterbräuche locker unter einen Hut bekommst. So gehen statt den Hauern also nun Touristen und Ausflügler über die Weinberge, genießen Wein und begrüßen den Frühling. Was bleibt ist die Begleitung in Form einer fachkundigen und kompetenten Person, also eines Weinviertler Winzers.
So viel schon vorab: Wenn du Weinliebhaber bist, kommst du voll auf deine Kosten! Gehört das Verkosten zum Wein zu jeder Tageszeit ja quasi auch zum Weinviertler Brauchtum und sowieso zum fixen Bestandteil des in die Grean Gehens.
Wenn Reiseblogger in die Grean gehen: unser Sonntag im Weinviertel
So ging es auch für mich und vier anderen Reisebloggern (Angelika, Martin, Lucia und Elena) an einem der besagten Wochenenden rauf ins Weinviertel und rein nach Wolkersdorf. Erst einmal zum Weingut Pleil, um genauer zu sein. Wo schon DER Top-Winzer Josef Pleil auf uns mit einem Achterl köstlichen Wein wartete. Zum Einläuten, zum Willkommen Heißen, zum Start vom in die Grean Gehen. Fängt also schon gut an, so wie sich das hald‘ gehört im Weinviertel.
Auf geht’s in die Grean
Gemütlich wurde also erst einmal gestartet, gemütlich ausgetrunken, noch der ein oder andere „Nachschlag“ genossen. Bis wir uns in die Weinberge aufmachten und in die Grean gingen. Durch die Kellergasse von Wolkersdorf, weiter hinauf immer den Wolkersdorfer Wein&Kultur Wanderweg entlang. Der übrigens mit zahlreichen Schautafeln versehen ist, die sich – wie kann es anders sein – natürlich ausschließlich um Wein drehen.
Und trotz den eher frischen Temperaturen und dem sehr frischen Wind – der ja, so hörte ich, im Weinviertel ab und an mal vorkommt – war’s einfach herrlich. Die Weinberge entlang zu spazieren, die ersten zarten Triebe der Rebstöcke zu entdecken, auf die sanften Hügel des Weinviertels zu blicken (bis nach Wien und ja sogar bis zum Schneeberg, wenn auch nur ganz vage) und den Frühling so richtig zu begrüßen.

Ja und schlussendlich auch viel Interessantes und Spannendes über Wein und das Weinviertel zu erfahren. Dass das Weinviertel das größte Weinbaugebiet Österreichs ist, zum Beispiel. Obwohl man hier die Weinberge nicht so bewusst wahrnimmt wie in der Wachau oder anderorts, weil es einfach so viel Platz gibt. Von dem der beste (Platz) für den Weinanbau genützt wird. Kein Wunder also, dass der Weinviertler Wein so köstlich schmeckt!

Hungrig kehren wir rund 1,5 Stunden später nach Wolkersdorf zurück und stärken uns einmal mit einer deftigen Heurigenjause. Wo natürlich gleich mal der nächste Wein verkostet wird, immerhin braucht man ja auch einige Sorten, um sich ein gutes Bild machen zu können. Und wo schon Herbert Kraus, seines Zeichens Kellergassenführer auf uns wartet. Uns schon mal einstimmt auf den nächsten „Programmpunkt“: eine Führung durch die Wolkersdorfer Kellergasse. Zu der wir uns frisch gestärkt und wieder aufgewärmt aufmachen.
Wo die Zeit still steht: in der Wolkersdorfer Kellergasse
Herbert führt uns gekonnt durch die Wolkersdorfer Kellergasse. Erklärt uns wie ein Presshaus auszusehen hatte, was es mit dem sogenannten „Gaitloch“ auf sich hat und wozu es da ist. Und gewährt uns Einblicke in verschiedene Presshäuser samt anschließenden Weinkellern. Beeindruckend die teils gewölbten, teils einfach in den Lehm gehauenen, Keller, die tief in die Erde führen.
Schön ist es hier, herrlich ruhig und so wahnsinnig traditionell. So einzigartig, so richtig Weinviertel hald. So Ursprung. Ja, fast Klischee. Dass du dir fast erwartest am nächsten Presshaus sitzt, nur allein für dich inszeniert, Erwin Steinhauer alias Polt und lädt zu einem Achterl selbstgemachten Wein.Obwohl die Idylle wackelt. Obwohl sie in Gefahr ist. Denn die Presshäuser werden natürlich nicht mehr benützt, die Weinproduktion findet schon längst anderswo statt. Die Frage, was nun mit dem jeweiligen Presshaus gemacht wird, wurde unterschiedlich beantwortet. Da wurden an anderen Orten Stöcke aufgebaut und Stüberl eingerichtet. Oder einfach die Benutzung und das Interesse am eigenen Presshaus aufgegeben, die Architektur dem Verfall überlassen. Denkmalschutz gibt es nicht und die universelle Lösung leider auch nicht. In Wolkersdorf gibt’s aber zumindest einen Ansatz: Jeden Mittwoch um 15:00 öffnet der Gemeindekeller sein Tor und lädt zum Zusammensitzen, gemeinsamen Weintrinken in der Kellergasse ein. Und weil der Platz so schön idyllisch liegt, das Bankerl so herrlich in der Sonne steht und weil der Durst schön langsam wieder zurückkommt, gibt’s von Herbert auch ein Achterl Rosé für uns. Ausnahmsweise, obwohl nicht Mittwoch ist.
Zu Gast in Pillichsdorf
Eine andere Belebung sind die mittlerweile schon allzu bekannten Kellergassenfeste. Die es vor allem im Frühling und natürlich im Herbst (Stichwort Weinherbst) im ganzen Weinviertel gibt. In diversen Kellergassen, die sich mit unterschiedlichen Superlativen schmücken können und dessen Besuch natürlich dementsprechend auf der Liste eines vinophilen Gastes stehen sollten. Da gibt es die längst, die durchgängigste oder die breiteste Kellergasse des Weinviertels, und somit Österreichs, und somit Europas und ja eigentlich somit auch der Welt.
Ein solches Kellergassenfest stand dann auch bei uns am Programm. Weil man sich ja schließlich auch mehrere Kellergassen anschauen muss und weil es ja auch schon so lange keinen Wein mehr zu verkosten gab. Und der in Pillichsdorf schmeckt ja außerdem auch wieder anders, ganz klar.

Stopp wurde also am Kellergassenfest und beim Winzer Flo Faber eingelegt. Dessen Heurigen extrem idyllisch liegt. Am Rande der Weinberge sitzt man hier und genießt das ein oder andere Achterl. Tatsächlich trotzten einige Gäste dem Wind und harrten im Weingarten aus, weil es hald’ so schön ist. Eingewickelt in einer Decke, die von außen und mit einem Glas Wein, das von innen, wärmt.
Das rät dir freets für deinen Besuch:
- Weinviertel = Windviertel. Ja, war mir auch nicht so bewusst, aber die Tatsache hat sich nach dem in die Grean Gehen nun nachweislich und für immer ins Gedächtnis gebrannt. Also Windjacke unbedingt einpacken, vielleicht noch Haube und Handschuhe dazu. Schaden wird’s nicht.
- Jeden Mittwoch ab 15:00 kannst du in die Wolkersdorfer Kellergasse kommen und gemeinsam mit den „Köllamauna“ ein Achterl trinken.
- Führungen durch die Kellergasse gibt’s übrigens auch so, ohne Package. Mehr dazu gibt’s auf der Website von Weinviertel Tourismus! Übrigens, am 06. Mai findet die Lange Nacht der Kellergassen statt!
- Wenn du einfach auf eigene Faust mal durch eine Kellergasse samt Weinberge spazieren möchtest empfiehlt sich natürlich der Wein&Kulturwanderweg in Wolkersdorf.
- In Anbetracht der Achterl, die sich da im Laufe des Tages schön langsam zu Flasche summieren, ist auf alle Fälle eine Nächtigung im Weinviertel zu empfehlen.
*Einladung: Der Besuch erfolgte auf Einladung von Weinviertel Tourismus (Bloggerreise). Die Einladung hat jedoch keinen Einfluss auf den Inhalt und die wieder gegebene Meinung.
Besucherinfo
WeinviertelVeranstaltungszeit: 31. März-29. April
Kosten: ab 35 Euro pro Person, inkludiert 1x in die Grean gehen, Riedenwanderung mit einem Winzer durch die Weingärten, Verkostung von Jungweinen, frische Heurigenjause, eine Flasche Weinviertel DAC für zu Hause
Dauer: ca. 4 Stunden
Aktualisiert: März 2022
http://www.weinviertel.at/grean
Zuletzt erlebt im April 2016