Würden wir das Jahr 1910 schreiben, hätte die Seegrotte Hinterbrühl hier nichts verloren. Das heutige Ausflugsziel hatte damals noch genauso wenig mit Freizeit zu tun, wie mit Seegrotte. Ursprünglich handelt es sich um ein Gipsbergwerk, in dem schwer und hart gearbeitet wurde. Als Besucher wird mir diese Tatsache schnell vor Augen geführt. Langsam marschieren wir im Gänsemarsch immer weiter durch den niedrigen und gefühlt ewig langen Stollen hinein in den Berg. Die kühle Luft schlägt uns entgegen, die Temperatur fällt stetig und pendelt sich schließlich bei 8 Grad Celsius ein.
Vom Gipsbergwerk zur Seegrotte Hinterbrühl
Nach diesem beengenden Marsch (ich hab’s nicht so mit engen Räumen unter der Erde) versammelt sich die Gruppe bei der nächst möglichen Stelle und wir hören ein wenig mehr über diesen faszinierenden Ort. Bis 1912 – so viel hatten wir schon erfahren – war hier Bergwerksbetrieb. 1912 verursachte eine Sprengung einen Wassereinbruch von mehr als 20.000 Kubikmetern. Der Betrieb wurde unmöglich und eingestellt, der größte unterirdische See Europas entstand. Die weitere Nutzung war vielfältig: als Vergnügungsetablissement, Champignonzucht (beides erfolglos), Schaubergwerk, Flugzeugfabrik und Drehort.
Das ehemalige Schaubergwerk besichtigen
Staunend hören ich all diesen Fakten zu, denn – zugegeben – das ist mir alles neu. Ein Rundumblick zeigt aber natürlich die Möglichkeiten, welche sich hier bieten. Nun, nachdem wir den ersten engen Gang verlassen haben, sind die Räume hoch und breit, von der bedrückenden Enge ist nichts mehr zu spüren. Gespannt höre ich unserem Guide zu, der uns hier, am Anfang, mehr über die Nutzung als Gipsbergwerk verrät. Wir sehen, wo die Arbeiter bei wohligen 10 statt 8 Grad jausneten, wo die Pferde standen, die den Gips transportieren, oder die Kapelle eingerichtet wurde, in der man für ein heiles Herauskommen betete. Ehemalige Arbeitsgeräte und informative Geschichten aus jener Zeit vermitteln ein wirklich umfassendes Bild. Ganz im Sinne eines Schaubergwerks.
Langsam marschieren wir immer weiter in den Berg und durch das ehemalige Bergwerk. Die Dimensionen bleiben groß und schon bald erschließt es sich mir auch, wo hier während des 2. Weltkriegs überhaupt der Platz war, um Flugzeuge zu bauen. Unbemerkt, verborgen vor aller Öffentlichkeit, was ein wesentlicher Grund und Vorteil war. Ein Modell des damals gebauten Flugzeugs ist hier übrigens auch zu sehen.
Eine Bootsfahrt am größten unterirdischen See Europas
Am Ende des Rundgangs wartet ein weiteres Highlight: eine Bootsfahrt am unterirdischen See. Denn – so viel wurde schon verraten – 1912 führte eine Sprengung zum einem enormen Wassereinbruch und zum größten unterirdischen See Europas. 6200m² und im Durchschnitt 1,2m tief liegt der See völlig regungslos vor uns. Nacheinander steigen wir in das Boot und erkunden den Ort nun vom Wasser aus. Ein wirklich einmaliges Erlebnis.
Mein Fazit zur Seegrotte Hinterbrühl
Ein vielfältiges Ausflugsziel, eine informative Führung und die Bootsfahrt ist absolut einzigartig. Anfangs etwas bedrückend für mich wegen dem Platz unter der Erde, das Gefühl verfliegt aber nach 10 Minuten, dank umfassendem Platzangebot.
Weitere Tipps
Rund 5min Gehzeit entfernt gibt es öffentliche Parkplätze. Öffentlich ist die Seegrotte ab Mödling mit dem Bus (364) erreichbar.
Warm anziehen, denn hier herrschen durchschnittlich 8 Grad, egal zu welcher Jahreszeit.
Immer wieder finden auch Veranstaltungen – wie Bühne im Berg – in der Seegrotte Hinterbrühl statt. Informationen findest du auf der Website der Seegrotte.
Die Seegrotte Hinterbrühl wurde seit meinem Besuch neu übernommen und restauriert, seit 2022 ist wieder geöffnet. Die Öffnungszeiten sind auf der Website selbst nicht angegeben, allerdings auf Google. Vielleicht lieber vorab kurz anrufen.
Autorin Claudia Schlager
Reise-, Ausflugs- und Fotoenthusiast, Storyteller, 2fache Mädchenmama, Kunsthistorikerin, Genussmensch und Naturliebhaberin aus dem südlichen Niederösterreich. Mit freets verbinde ich seit 2015 einen Großteil meiner Leidenschaften und gebe regelmäßig Einblick in meine kleinen und großen Entdeckungen.
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