Meine Besuche im Stift Heiligenkreuz lassen sich mittlerweile nicht mehr an einer Hand abzählen. Auf vielfältige Weise durfte ich die letzten Jahre das mittelalterliche Zisterzienserstift besichtigen. Mit Fokus auf die barocke Einrichtung im Rahmen einer Uni-Exkursion, als Zuhörer des Chorgebets und immer wieder auch im Rahmen einer klassischen Führung, langweilig wurde es trotz wiederholtem Besuch hier nie. Einerseits gab es tatsächlich jedes Mal Neues für mich zu entdecken, andererseits werde ich mich nie an der mittelalterlichen Klosterkirche und dem Kreuzgang sattsehen können. Wirklich niemals.
Dafür ist natürlich meine Architekturbegeisterung maßgeblich. Meine Faszination für mittelalterliche Gebäude, für die Gotik, die schlanken Säulen, aufwändigen Kapitelle, Maßwerkfenster und allem, was noch dazu gehört. In Stift Heiligenkreuz gibt es davon jede Menge zu sehen. Im Wesentlich hat sich das mittelalterliche Kloster samt Kirche gut erhalten. Über diese Architektur und deren Benutzung früher und heute erfahren Besucher:innen bei einer Führung durchs Kloster mehr. Übrigens werden die Führungen von Mönchen des Klosters durchgeführt, was dem Ganzen noch einmal einen besonderen Reiz gibt.
Eine Führung durch das Stift Heiligenkreuz
Nachdem wir das Klosterportal durchschritten haben, finden wir uns zur Führung vor der romanischen Fassade der Klosterkirche ein. Dieser älteste Teil des Klosters lässt schon erahnen, wie weit dessen Geschichte zurückgehen wird. Gegründet wurde das Stift Heiligenkreuz als Zisterzienserkloster im Jahr 1133 vom damaligen Babenberger Herzog Leopold III. Auf Bitten seines Sohnes Otto von Freising, der später selbst in den Zisterzienserorden eintrat. Nach ungefähr 50 Jahren wurde das Kloster geweiht und war voll in Betrieb. Aus dieser Zeit hat sich das Langhaus der Stiftskirche erhalten. Die schweren romanischen Formen, das Bandrippengewölbe und die massive Westfassade bilden einen markanten Kontrast zum anschließenden Hallenchor.
Mucksmäuschenstill betreten wir die Klosterkirche und sehen uns um. Die Blicke schweifen über die massive Mauer, das Bandrippengewölbe, aber auch hin zum berühmten barocken Chorgestühl und weiter. Noch heute zieht der Hallenchor, der an der Wende zwischen den 13. - und 14. Jahrhundert entstand, alle Blicke auf sich. Der erste Hallenchor Österreichs übrigens, der für mich einfach perfekt das Streben in der Gotik zum Himmel verdeutlicht. Die schlanken Säulen leiten den Blick nach oben zum sternenverzierten Kreuzrippengewölbe, während das Sonnenlicht durch die großen Maßwerkfenster scheint und den Raumteil regelrecht erleuchtet.
Zum Kreuzgang und Leben der Mönche in Stift Heiligenkreuz
Nachdem wir mehr über die Gründung, faszinierende Architektur und tägliche Nutzung der Klosterkirche erfahren, begeben wir uns in den Kreuzgang. Herzstück vieler Klöster, der die wichtigsten Raumteile (Kapitelsaal, Schlafsaal, Fraterie, Brunnenhaus, Refektorium und weitere) miteinander verbinden. Bei Wind und Wetter konnten und können die Zisterziensermönche trockenen Fußes von A nach B gelangen und das in schönster Weise. Der Kreuzgang wird übrigens auch für Lesung genutzt und für die alljährliche Fußwaschung, wie wir bei den Führungen ebenfalls erfahren.
Schritt für Schritt folgen wir "unserem Mönch" durch die Räume. Besichtigen das wunderschöne Brunnenhaus mit den noch originalen Glasfenstern aus dem 13. Jhdt. (Babenberger-Scheiben), den ehemaligen, weiß getünchten Arbeitsraum, dessen Gewölbe mit roter Fugenmalerei verziert ist und natürlich auch den großartigen Kreuzgang selbst. Die Blicke auf die Klosterkirche und den Klostergarten von hier sind einmalig, ebenso die farblosen Fenster (typisch Zisterzienser, wie wir erfahren). Daneben erfahren wir Geschichten aus der Vergangenheit und Gegenwart, lustige Anekdoten aus dem Klosterleben, besichtigen die Dahlien-Zucht eines Mönchs und lernen so, ein wenig mehr über den Orden der Zisterzienser und ihr Stift.
Das Chorgebet im Stift Heiligenkreuz
Meist endet die Tour pünktlich kurz vor 12:00. Denn um 12:00 findet das Chorgebet statt. Wir werden in die Klosterkirche geführt und nehmen auf den hölzernen Bänken Platz. Kurz schweift der Blick noch einmal über die alten Gewölbe, die Westfassade und zum barocken Chorgestühl. Hier nehmen immer mehr Zisterziensermönche Platz und schon bald beginnen sie gemeinsam zu beten. Ein einmaliges Erlebnis.
Mein Fazit zum Stift Heiligenkreuz
Eine großartige Architektur, die es sich zu besichtigen lohnt. Die Führungen sind meist ganz locker und lustig, die Geschichten spannend und das Kloster einfach sehenswert.
Weitere Tipps von freets
An bestimmten Feiertagen und Karfreitag, gibt es eigene Öffnungs- und Führungszeiten.
Einkehrtipp: das benachbarte Klostergasthaus. Ein großes Lokal, das im Sommer aber im Gastgarten dennoch gemütliche Plätze bietet und exzellentes Essen obendrein.
Das Stift Heiligenkreuz kann man auch perfekt per Helenentalradweg erreichen. Ebenfalls selbst schon ausgetestet.
Autorin Claudia Schlager
Reise-, Ausflugs- und Fotoenthusiast, Storyteller, 2fache Mädchenmama, Kunsthistorikerin, Genussmensch und Naturliebhaberin aus dem südlichen Niederösterreich. Mit freets verbinde ich seit 2015 einen Großteil meiner Leidenschaften und gebe regelmäßig Einblick in meine kleinen und großen Entdeckungen.
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