Draußen regnet es, ein wenig düster ist es. Im Hintergrund ertönen die Klänge Beethovens, die Tonfolge der berühmten Mondscheinsonate. Melodisch, schön, schwermütig, langsam und kraftvoll. Du siehst, wenn ich mich gedanklich ins Beethovenhaus zurück versetze, dann nur in der richtigen Stimmung. Obwohl, so ganz korrekt ist das nicht. Denn eigentlich würde die 9. Symphonie her gehören. Die berühmte Europahymne. An der Ludwig van Beethoven während einen seiner Aufenthalte im sogenannten Kupferschmiedhaus (heutigem Beethovenhaus) intensiv gearbeitet hat. Die dafür sorgten, dass im Volksmund das Haus auch Haus der Neunten genannt wird.
Beethoven im „Kupferschmiedhaus“ in Baden
Nur zwei Schritte muss ich machen, bis mir Beethoven begegnet. Der Boden knarrt, die kleine enge Stiege vor mir weist in das Obergeschoß, dem Eingang ins ehemalige Appartement und Beginn der Ausstellungsrunde. Gerade will ich in Richtung Stiege gehen, da höre ich es. Das Vermächtnis Beethovens. Die Klänge, die zuerst nur in seinem Kopf existieren, später zu Papier gebracht und von begabten Musikern zum Leben erweckt wurden. Den vierten Satz der 9. Symphonie, sollte ich später erfahren. Passend eigentlich, gleich von einem der größten Werke des Komponisten musikalisch begrüßt zu werden.
Fünfzehn Mal war Ludwig van Beethoven insgesamt in Baden. Immer im Sommer und oft in verschiedenen Wohnungen. Drei Jahre in Folge (1821–1823) verbrachte er seine Kuraufenthalte im sogenannten Kupferschmiedhaus. Dem heutigen Beethovenhaus in der Rathausgasse 10. Das heute als Beethovenhaus Baden für Interessierte und Musikbegeisterte geöffnet hat. Einen kleinen Einblick gibt in das große Phänomen Beethoven.
Warum keine Möbel nötig sind, um mehr über die Menschen zu erfahren
Du kennst das vielleicht von anderen Museen. Da betrittst du Räume, die ganz und gar erhalten sind. In diesem Bett soll der berühmte Künstler geschlafen haben, an diesem Tisch hat er gegessen. Hat natürlich was ganz Spezielles. Da erscheint der jeweilige Künstler vor dem geistigen Auge, macht sich ein Frühstück, setzt sich an den Tisch, malt, sinniert, schaut aus dem Fenster. Möbel helfen, um sich das Leben in den ehemaligen Wohnorten besser vorzustellen. Bringen dich ganz nah an das Leben des ehemaligen Künstlers.
Möbel sagen dir aber nicht, wie ein Mensch war. Was in ihm vorgegangen ist. Wen er getroffen hat, was er gemacht hat. Ja gerade in solchen Fällen wie dem Beethovenhaus – einem Appartement, welches der Künstler „nur“ drei Sommer lang gemietet hatte – führen sie dich wahrscheinlich nur in die Irre. Weil die Möbel womöglich – sogar wahrscheinlich – einfach mitgemietet wurden. Dem Charakter, dem Wesen und Genie Beethovens, kommst du damit nicht näher.
Charakter, Genie und soziales Umfeld Beethovens
Im Beethovenhaus in Baden, das seine Existenzberechtigung eigentlich hat, weil Beethoven hier drei Sommer lang wohnte, geht es weniger um dessen Wohnsituation. Natürlich, du kannst hier die Räume besichtigen, die er bewohnte. Das kleine, niedrige Schlafzimmer, das mit einem Bett bereits voll gestellt war. Den Balkon, den er mitbenutzen durfte und all die anderen Räume. Du kommst die gleiche Treppe hoch, wie Ludwig schon 1822 oder 1823. Schaust auf die gleichen Wandmalereien, die 2014 bei einer Restaurierung freigelegt wurden. Und kennst den Künstler dennoch nicht. Bis du dich genauer mit den Exponaten beschäftigst.
Kreativ inszeniert und präsentiert findest du hier Hinweise auf das Wesen und soziale Umfeld Beethovens. Wirst mit Zitaten aus seinen zahlreichen Briefen konfrontiert, oder siehst dir an, wer denn üblicherweise mit ihm an einen Tisch saß. Erfährst unter welchen zahlreichen Krankheiten Beethoven wirklich litt und verstehst besser, warum so oft schwere melancholische Töne seine Musik prägten. Dass ihm da wahrscheinlich nicht der Sinn stand nach einer leichtfüßigen Zauberflöte.
Die Werke und das wahre Genie Beethovens im Beethovenhaus Baden erkunden
Da kommen wir auch schon zum Kernpunkt. Denn natürlich, ein großer Teil seiner Persönlichkeit, seines Wesens machte die Musik aus. Obwohl er sich in Baden erholen und auskurieren sollte, obwohl er auch – der eigenen Aussage nach – noch nie so faul war wie in Baden, ganz konnte er das Komponieren dann doch nicht sein lassen. Und so gibt es natürlich auch viele Werke, die in Baden (mit)entstanden. Kopfhörer lassen dich in die Stücke reinhören, an denen er in Baden gearbeitet hat. Nur mit einer Ausnahme: die 9. Symphonie.
Diesem Stück wird im Haus der Neunten ganz viel Aufmerksamkeit geschenkt. In einem eigenen Raum kannst du eine Übertragung vom vierten Satz dieser Symphonie ansehen. Und eins versprech’ ich dir: Wenn du in diesem Raum Platz nimmst und all das Dargebotene siehst und hörst, dann erst begreifst du, wie komplex so ein Werk Beethovens eigentlich ist. Wie viele kleine Teile, wie viele Komponenten dazugehören, um so etwas zu erschaffen.
Genial erst, wenn du bedenkst, wie wenig Beethoven eigentlich gehört hat. Kannst du dir nicht vorstellen? Auch da hilft das Beethovenhaus in Baden. Im Hörlabor kannst du nachhören, wie viel Beethoven wann hörte. Was nur sein Genie verdeutlicht. Denn so etwas zu Stande zu bringen mit diesem Hörvermögen, also quasi alles nur noch aus dem Kopf und Gedächtnis zu komponieren, das ist der reine Wahnsinn. Da ist es bekanntlich kein weiter Sprung mehr zum Genie.
Mein Fazit zum Beethovenhaus in Baden bei Wien
Modern, hell, aufgeräumt, nicht vollgestopft mit unzähligen Vitrinen und Briefen. Ein aktueller Zugang zu einem historischen und – was die Musik betrifft – schwierigem Thema. Cool inszeniert, mit Zitaten aus den Briefen an ungewöhnlichen Stellen und dem gedeckten Tisch samt Gegenständen, die das jeweilige Gegenüber beschreiben. Das Hörlabor und der Raum der Neunten sowieso ein absolutes Highlight. Um Musik zu verstehen und nicht zuletzt um Beethoven zu verstehen.
Tipps von freets für deinen Besuch im Beethovenhaus Baden
Kombitickets mit dem Kaiserhaus und Familienkarten erhältlich. Alle Details findest du auf der Website des Beethovenhauses. dazu auch Infos zu aktuellen Veranstaltungen oder eigenen Führungen für Kinder ab 5 Jahren.
Die beiden Hauptebenen sind barrierefrei und somit auch mit Kinderwagen per Lift erreichbar, die Nebengeschosse nur über Stiegen.
Autorin Claudia Schlager
Reise-, Ausflugs- und Fotoenthusiast, Storyteller, 2fache Mädchenmama, Kunsthistorikerin, Genussmensch und Naturliebhaberin aus dem südlichen Niederösterreich. Mit freets verbinde ich seit 2015 einen Großteil meiner Leidenschaften und gebe regelmäßig Einblick in meine kleinen und großen Entdeckungen.
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