Neugierig gehe ich auf die beeindruckende romanische Kirche zu. Ihre 60 Meter hohe Doppelturmfassade haben wir schon bei der Anfahrt bewundert, nun schweift der Blick über die massiven Grundmauern, die romanische Apsis im Chorbereich, die kleinen Fenster des Langhauses. Schon öfter hab‘ ich mir bei unseren Reisen nach Kärnten vorgenommen hier Halt zu machen, heute ist es soweit. Zufällig eigentlich, nur mal schnell reinschauen ist der Plan. Soweit ich eben komme, ohne für die ganze Familie viel Eintritt bezahlen zu müssen. Denn in Anbetracht der kunsthistorischen Relevanz des Gurker Doms hätte ich genau das erwartet: nicht zugängliche Räume, Führungspflicht, Eintrittspreise.
Romanischer Dom & Begräbnisstätte der Hemma von Gurk
Umso erstaunter bin ich, als ich die Kirche erreiche. Dass ich einfach so reinspazieren und mich umsehen kann. Genau das tue ich und meine Begeisterung für dieses Bauwerk wächst Schritt für Schritt. Nicht wegen dem freien Eintritt, sondern dessen Aussehen. Vor mir erstreckt sich eine dreischiffige Pfeilerbasilika, die trotz Umgestaltungen im Mittelalter und der Barockzeit noch viel von ihrer ursprünglichen Erbauungszeit Preis gibt. In der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde die heutige Kirche in unmittelbarer Nähe eines aufgelassenen Frauenklosters errichtet, 1174 die Gebeine der (heute heiliggesprochenen) Hemma von Gurk in die neue Krypta übertragen. 1200 wurde der Hochaltar geweiht, 20 Jahre später war der restliche Bau samt Stiftsgebäude fertig gestellt.
Die massiven Pfeiler, die das Gebäude unterteilen, die kleinen Fenster am Langhaus, das eigenes erhöhte Mittelschiff oder auch das Westportal (ein Trichterportal aus der Zeit um 1200, übrigens eins der am besten erhaltenden romanischen Portalen Österreichs), all das verweist auf diese ursprüngliche, jahrhundertalte Architektur. Auch die letzte Ruhestätte der Hemma von Gurk, die ich später noch besichtigen werde.
Die gotischen Erweiterungen und meine persönlichen Highlights
All das ist natürlich schon spektakulär für sich. Denn eine erhaltene romanische Kirche – vor allem in dieser Dimension – findet man bei uns eher selten; und auch wenn ich ehrlich begeistert bin, bleibt mein Blick bei den Gewölben hängen. Kunstvoll legen sie sich über Quer-, Langhaus und Chor und drücken der Kirche auch einen gotischen Stempel auf (15.–16. Jhdt). Langsam gehe ich durch den Raum, steige die Stufen zum Chor hinauf und schaue mich um. Die Atmosphäre hier ist großartig, der große Bau liegt still vor mir. Stück für Stück, von Ost nach West, entdecke ich den Dom bis ich am anderen Ende angelangt bin und wieder ins Staunen komme.
Noch mehr Mittelalter im Dom zu Gurk
Verborgen hinter einen Tür liegt die Vorhalle des Gurker Doms. Dieser Raumteil wurde erst im Nachhinein, Anfang des 14. Jahrhunderts, geschaffen, indem eine Mauer zwischen den beiden Türmen und dem Westportal eingezogen wurde. Hier muss ich einfach stehen bleiben und mich umsehen. Der Raumteil ist über und über mit mittelalterlichen Wandmalereien bedeckt (aus der Zeit um 1340), das Gewölbe als Sternenhimmel gestaltet. Das beeindruckende Portal mit all den Säulen und Kapitellen zieht ebenfalls lange meine Aufmerksamkeit auf sich, auch das gegenüberliegende aufwändige Maßwerkfenster, dessen Glasscheiben übrigens teilweise noch aus der Erbauungszeit stammen sollen. Immer wieder kehre ich hierher zurück, staune über all die Details und – wie immer- über die Kunstfertigkeit jener Zeit.
Darüber, in der Westempore, befindet sich übrigens die Bischofskapelle, die ebenfalls sehr sehenswert ist, die wir bei unsrem Besuch aber nicht besichtigt haben.
Die 100-Säulen Krypta im Gurker Dom
Kurz verlasse ich die Kirche, meine Neugierde ist aber noch nicht gestillt. Der Grund, weswegen ich den Gurker Dom ja schon aus dem Studium kenne, ist jener Bauteil unter der Erde: die 100 Säulen Krypta. Die letzte Ruhestätte der Hemma von Gurk, der erste fertiggestellte Raumteil des Doms. 1174 wurden die Gebeine Hemmas hierher transferiert (ich hab’s schon erwähnt) und auch wenn das Grab ursprünglich anders aussah und situiert war, im Groben hat sich die Krypta aus jener Zeit erhalten.
Um 2 Euro bekomme ich den Schlüssel zur Krypta, Minuten später stehe ich mitten drin. Säule an Säule reiht sich vor mir aneinander. 96 einfache Säulen und zwei Doppelsäulen stützen des Gewölbe, dazwischen liegen romanische Würfelkapitelle. Langsam streife ich durch den Raumteil und lasse die Architektur auf mich wirken. Ein Erlebnis für sich.
Erst nach einen erneuten Rundgang durch den Dom reiße ich mich los und wir brechen auf. Immerhin liegt noch ein Stück fahrt vor uns. Der Stopp hat sich aber jedenfalls mehr als gelohnt.
Mein Fazit zum Gurker Dom
Ein beeindruckender Bau, dessen Besichtigung allen Architekturliebhaber:innen sehr zu empfehlen ist. Der Rundgang ist außerdem unkompliziert und kostengünstig. Perfekt.
Weitere Tipps von freets
Parkplätze sind vor Ort ausreichend vorhanden.
Der Gurker Dom ist zum Teil barrierefrei und mit Kinderwagen zugänglich, der Chor und die Krypta ist nur über Stufen erreichbar.
Durch den Dom gibt es gegen Voranmeldungen (0043 4266/8236-12) auch Führungen und die Schatzkammer zu besichtigen.
Führungspreise und Zeiten gibt’s auf der Website des Gurker Doms zu sehen.
Autorin Claudia Schlager
Reise-, Ausflugs- und Fotoenthusiast, Storyteller, 2fache Mädchenmama, Kunsthistorikerin, Genussmensch und Naturliebhaberin aus dem südlichen Niederösterreich. Mit freets verbinde ich seit 2015 einen Großteil meiner Leidenschaften und gebe regelmäßig Einblick in meine kleinen und großen Entdeckungen.
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