Immer wieder schlendere ich durch die Gassen, entdecke einen Teil, der bislang von mir unentdeckt blieb. Genieße die letzten wärmenden Sonnenstrahlen (meistens bin ich im Oktober hier) und erinnere mich an meine Kindheitsurlaube im Sommer in genau dieser Gegend zurück. An die Sprünge in den dunklen, unergründlichen Badeteich und die großen Eisbecher, die es am Ende des Badetages immer gab. Bis ich schlussendlich immer wieder an einem Tisch im Weitra Bräu lande, das hiesige Bier und – herbstbedingt – ein köstlich zubereitetes Wild vor mir und dort den Tag ausklingen lasse.
Weitra
Ein mittelalterlicher Ort mit einem Tupfer Renaissance
Weitra
Ein mittelalterlicher Ort mit einem Tupfer Renaissance
Der Anfang ist aber immer gleich und führt mich weg vom kleinen Parkplatz beim Stadttor direkt auf dasselbe zu. Ein imposantes, zinnengekröntes Tor, das stolz das Wappen der Stadt trägt. Flankiert von der mittelalterlichen Stadtmauer, die in der Renaissance restauriert wurde. Der Beginn steht also ganz im Zeichen der langen Geschichte der Stadt, die an zahlreichen Gebäuden und Orten ihre Spuren hinterlassen hat. Manche aus dem Mittelalter, viele aus dem 16. Jahrhundert.
Geschichte gibt es in Weitra schon lange. Bereits 1201 wurde die Stadt vom Kuenringer Hadmar II über der bereits bestehenden Siedlung Altweitra gegründet. Ein heute nicht unbekanntes und damals schon gar nicht unbedeutendes Adelsgeschlecht, das die Herrschaft bis zur Machtübernahme der Habsburger innehatte. Das auch die heutige Renaissanceburg gründete, die ersten Jahre bewohnte und dessen Bedeutung für Weitra sich letztendlich im Beinamen Kuenringerstadt spiegelt. Aber auch nach dem Fall der Kuenringer und der Herrschaft der Habsburger, trotz zweier großer Brände, hat sich die kleine Stadt im Waldviertel prächtig entwickelt und konnte noch einiges an architektonischen Schätzen hinzugewinnen.

Kein Wunder also, dass Liebhaber von kleinen historischen Städten (wo ich definitiv auch dazu gehöre), hier gut aufgehoben sind. Glückselig an der kunstvollen Architektur der letzten Jahrhunderte vorbei spazieren und die Geschichte und noch viel älteren Zeiten in ihrem geistigen Auge wiederauferstehen lassen. Gerne stelle ich mir das Pferdegetrappel und das Schlagen der Kutschentüren vor, das Lachen aus der ehemaligen Taverne oder das Plätschern des Wassers in der alten Zisterne. Übrigens: Taverne und Bier gab’s hier bereits seit dem 14. Jahrhundert, als Weitra das Schankrecht verliehen bekam und die Stadt gleichzeitig berühmt für dessen Bier wurde. 22 Bierbrauereien soll es in der Blütezeit gegeben haben. Heute sind immerhin noch zwei geblieben. In eine führt mich mein Weg durch die Stadt. Aber erst am Ende.
Links oder rechts? Weltliche oder kirchliche Macht? Oder beides? Meine bevorzuge Route durch Weitra.
Mein erster Weg führt mich stets schnurstracks zum Hauptplatz. Meist mit bereits tief stehender Sonne, weil der Ort dann doch auch zentral ist fürs Abendessen. Immer, wirklich immer, bleibt mein Blick an den kunstvoll verzierten Sgraffitto Fassaden hängen (zwei Putzschichten, von denen eine abgekratzt wird, damit diese Bilder entstehen können). Wandert weiter zu den barock verzierten bunten Häuserfassaden, immer auf der Suche nach erklärenden Hinweistafeln, wer hier denn früher wohnte, was hier passierte.
Manchmal biege ich dann links ab, in Richtung Schloss. Bergauf geht es die Straße entlang der ehemaligen Stadtmauer nach oben, hin zum ehemaligen Wohnsitz der bedeutenden Kuenringer. Heute eine bekannte Location für Theater und Hochzeiten und Museumsort. Ohne Eintritt ist hier allerdings Endstation, ein bisschen Zeit muss man also einplanen. Um ins Schloss zu gelangen, durch den Arkadengang des Renaissancehofs zu schlendern, den Turm zu besteigen und die fantastische Aussicht zu genießen. Die ehemaligen Wohnräume der Kuenringer zu besichtigen und mehr über die Geschichte des beeindruckend Baus zu erfahren. Oder sich mehr mit der Geschichte des „Eisernen Vorhangs“ zu befassen und die Ausstellung zu besuchen.

Seit ein paar Jahren biege ich aber auch immer öfter rechts ab, runter zur Pfarrkirche. Durch die kleinen Gassen geht es bergab bis zu Pfarrplatz. Statt Schlossturm rückt hier bald der schlichte Kirchturm ins Blickfeld. Bei jedem Schritt wird mehr vom gotischen Bau sichtbar. Aber nicht nur. Auch am ehemaligen Auhof komme ich vorbei, ein großes Gebäude, das ich erst bei meinen letzten Besuch entdecke und dem ich bislang nur von außen näher kam (das gehört natürlich geändert, ganz klar). Später dann, näher am Pfarrplatz auch der Pfarrhof. Idyllisch ist es hier, ruhig, kaum etwas vom Treiben der Stadt zu merken (das zugegebenermaßen sowieso nicht so wild ist).
Von hier führt wieder ein Teil der Stadtmauer entlang des Ortes, gesäumt von einem Spazierweg (auch dieser noch von mir unbeschritten). Dann kehre ich um, schlendere wieder nach oben, werfe einen Blick in die alte Zisterne, die um 1300 errichtet wurde und kehre neben Rathaus wieder zurück zum Hauptplatz. Dämmerung legt sich schon über den Ort und langsam beginnt der Magen zu knurren. Zeit für die warme Gaststube des Weitra Bräus, für ein Spezialbier der Saison und eine kulinarische Köstlichkeit. Herz was willst du mehr. Kannst du jetzt verstehen, warum ich eine Liebeserklärung an Weitra schreibe?
Das rät dir freets für deinen Stadtspaziergang durch Weitra
- Parkplätze sind vor dem Stadttor, aber auch innerhalb der Altstadt vorhanden.
- Im Weitra Bräu gibt’s auch eine kleine Führung inklusive Verkostungsbier, die dir das Bierbrauen näher bringt. Die Spezialbiere sind meistens sehr empfehlenswert.
- Es gibt Themenwege, Nachtwächterführungen und eine eigene App, die du als Audio Guide bei einer Stadtbesichtigung verwenden kannst. Mehr Infos gibt’s auf der Website der Stadt Weitra.
Zuletzt besucht: Oktober 2017